Underground-Comic

Der Underground-Comic ist ein Kind der Flower-Power-Bewegung. Seine Inhalte richten sich gegen die herrschende Massenkultur und allgemein gegen den Mainstream. Um dies zu dokumentieren, führten die Autoren eine neue Schreibweise ein. Sie selbst nannten ihr Genre Underground-Comix. Dessen Protagonisten verwirklichen Lebenskonzepte, die junge US-Amerikaner in den 1960er Jahren für sich entdeckten. Underground-Comics sind Comics für Erwachsene. Drogenkonsum und freie sexuelle Entfaltung spielen in ihnen eine wesentliche Rolle. Im Namen der Selbstverwirklichung wird viel gekifft und oftmals drastisch wild geliebt. Der Comic erwies sich dabei lange vor Computeranimationen als ideales Medium, um farbenfroh und fantasievoll den Effekt der Droge LSD auf das Bewusstsein in Szene zu setzen. Underground-Comics seien wie James Joyce in Comicform, meinte der US-Autor Bhob Stewart einmal. Da Drogen für die Plots fast immer eine wesentliche Bedeutung hatten, eröffnete sich ein wichtiger Vertriebsweg für Underground-Comics. Ihr Verkauf in den USA lief hauptsächlich über Headshops, eine Art holländische Coffeeshops.

San Francisco gilt als Geburtstadt des Underground-Comics. Dort, in New York und Chicago lebten die wichtigsten Vertreter des Genres. Dazu zählen Autoren und Zeichner wie Art Spiegelman, Roberta Gregory, Bill Griffith, Robert Crumb oder Gilbert Shelton. Diese und andere Künstler kreierten Titel wie Anarchy Comics, The Fabulous Furry Freak Brothers oder Zap Comix. Anders als bei Mainstream-Comics, erarbeiteten die Künstler einen Underground-Titel nicht im Team, sondern meistens allein. Durch die langsame Produktionsweise bedingt, ist die Anzahl von Titeln mit größerer Auflage eher gering. Es wird geschätzt, dass nicht einmal 100 Titel in erwähnenswerter Auflage publiziert wurden. Dafür gibt es mehrere Sammlungen wie Wimmen´s Comix, It Ain´t Me Babe oder Bijou-Funnies, in denen Künstler zusammen unterschiedliche Geschichten veröffentlichten. Gerade wegen ihrer individuellen Herstellungs- und Vertriebsweise sind Underground-Comics bei Sammlern beliebt. Originale der Kleinauflagen erreichen gute Preise. Nachdrucke gibt es nur von den erfolgreichsten Titeln. In Deutschland wurden ab den 1970er Jahren erste Projekte des Underground-Comcis realisiert. Das bekannteste Magazin des Genres schuf der Verleger Raymond Martin mit U-Comix, das er 1969 gründete. Bis in die 1980er Jahre hinein gab es U-Comix als Monatsmagazin. In seinem Volksverlag erschienen verschiedene Underground-Comics von Crum, Corben und Shelton auch im Rahmen der Zeitung Päng. Themen waren auch hier Drogen, Ökologie, freie Liebe, freies Leben.

Wegen ihrer teilweise als drastisch empfundenen Darstellungsformen wurden diese deutschen Underground-Comics von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften mehrmals auf den Index gesetzt. Die Jugendschützer kritisierten eine allgemeine “sozialethische Verwirrung”. Mit dem Ende des Vietnamkriegs 1975 und der gesellschaftlichen Integration der Hippies begannen die Underground-Comics langsam vom Markt zu verschwinden. Verantwortlich dafür war auch die Schließung der US-Headshops, des bedeutendsten Vertriebswegs im Entstehungsland des Underground-Comics. Dass die Underground-Comics sich überlebten, hing auch damit zusammen, dass Verlage Comics zunehmend nicht mehr als Produkte für Kinder begriffen. Bildergeschichten mit kritischer Blickweise auf aktuell in der Gesellschaft diskutierte Themen wurden ein Bestandteil der neueren Comic-Kultur, die als Alternativ-Comics dem Underground nachfolgte.