Auriculae

Im Name Primula steckt die lateinische Verkleinerungsform von primus, was in der Übersetzung etwa soviel bedeutet wie Kleiner Erstling. Denn die Primeln, nahe Verwandte der bekannten Schlüsselblumen, gehören zu den ersten Blumen, die im Frühjahr erblühen. Meist sind es mehrjährige Pflanzen, selten ein- oder zweijährige Pflanzen. Die lange Blütezeit zwischen Februar und August erklärt sich durch die Vielfalt der Arten. Das Alpenaurikel wächst auf den Kalkfelsen europäischer Gebirge und ist absolut winterfest. Es kommt im Schwarzwald, den Apenninen, den Westkarpaten und in den Alpen vor. Das Verbreitungsgebiet in den Alpenmatten steigt von den Tallagen bis 2500 Meter an, auch in Felsspalten, auf Geröll und Bergwiesen fühlt es sich wohl. Für Kulturböden ist es weniger geeignet. Das Alpenaurikel überstand die Eiszeiten der Erde in tieferen geschützten Lagen und ist an einigen Naturstandorten als Eiszeitrelikt bis heute erhalten. Die Rosetten- und Polsterpflanzen gehören zu den typischen und dominierenden Lebensformen der alpinen Bereiche. Mut und bergsteigerisches Können gehörten dazu, seiner Angebeteten als Zeichen ewiger Liebe ein Edelweiß oder Alpenaurikel zu bringen. Ein charmanter Brauch, doch brachte er manchen Burschen in Gefahr und gehört hoffentlich heute der Vergangenheit an. Inzwischen sind Alpenaurikeln sehr selten und stehen unter Naturschutz. In Österreich werden sie Petergstamm genannt und zieren die Rückseite der 5-Cent-Münze. Doch auch unter den Namen Gelbes Gamsveigerl, Gamsbleaml und Zolidsch ist das Alpenaurikel bekannt.

Nicht nur in der beliebten Zierpflanze Becherprimel, dem sogenannten Giftprimel, ist das hochwirksame Kontaktallergen Primin enthalten. Auch beim Alpenaurikel sollten sich besonders Personen, die berufsbedingt mit Primeln zu tun haben, vorsehen. Alle Teile der Pflanze, speziell die feinen Drüsenhärchen an Blattunterseite, Stängel und Blüte sind giftig und können Hautreizungen auslösen.

Die Blütenstängel der Alpenaurikeln werden 10 bis 15 cm lang. Daran entwickeln sich von April bis Juni etwa 4- bis 12-blütige Dolden mit trichterförmigen gelben Blüten. Sie sind bis 25 mm groß und ihnen entströmt ein angenehmer Duft nach Vanille, dem Insekten nicht widerstehen können. Denn in den Hochgebirgen ist die Hummel der häufigste Bestäuber von Pflanzen, da sie im Gegensatz zur Biene ihre Körpertemperatur regulieren kann. So ist es ihr möglich, auch noch bei Außentemperaturen von fünf Grad zu fliegen.

Die graugrünen, fleischigen, rundlich bis verkehrt-eiförmigen Blätter bilden eine bodenständige Rosette und haben eine Wachsschicht. Diese soll die Verdunstung einschränken und vor zu intensiver Sonnenbestrahlung schützen. Das Alpenaurikel wünscht deshalb einen halbsonnigen Platz mit kalkhaltigen oder Kalkschotter durchsetzten Lehm- oder Rasenboden. Der knorpelige Blattrand ist gezähnelt oder ganzrandig. Das Alpenaurikel gibt es auch in den Farben hellviolett und dunkelviolett. Es lässt sich durch Samen sehr gut vermehren und sollte in Gruppen ausgepflanzt werden. Im Steingärten fühlt es sich in Felsfugen und auf Trockenmauern sehr wohl.