Stiefmütterchen

Das Stiefmütterchen ist, je nach Gegend, auch unter den Bezeichnungen Dreifaltigkeitskraut, Christusauge, Herzenstrost, Schöngesicht oder Mädchenauge bekannt. Der Name Stiefmütterchen erklärt sich durch die Form der Blüte: das unterste, breite Blatt, die “Stiefmutter”, bedeckt teilweise die seitlichen Blätter, die “Töchter”. Diese wiederum bedecken die obersten Blätter, die “Stieftöchter”. Das Steifmütterchen gehört zur Familie der Veilchengewächse (Violaceae) und ist in Europa beheimatet. Der botanische Name lautet Viola tricolor. Aus Kreuzungen mit verwandten Arten sind sehr viele Sorten entstanden, die als Gartenstiefmütterchen bezeichnet werden.

Die mehrjährige Krautpflanze hat einen verzweigten Stengel mit länglichen, hellgrünen Blättern. Die Blüte hat eine flache Blütenkrone und zeigt sich mit ihrem charakteristischen “Gesicht” in den unterschiedlichsten Farben von weiß oder gelb, rot oder blau bis hin zu violett. Häufig ist die Blüte zweifarbig oder bunt. Blütezeit ist von Mai bis September. Je nach Sorte erreicht die Pflanze eine Höhe von 5cm bis 20cm.

Steifmütterchen wachsen auf fruchtbarem, gut durchlässigen und möglichst leicht saurem Boden, der regelmäßig gegossen wird. Sie bevorzugen ein gemäßigt -frisches Klima und einen Standort in der Sonne oder im Halbschatten. Die Vermehrung erfolgt durch Aussaat von Juli bis September oder Stecklinge der nicht blühenden Triebe im Juli. Pflanzzeit ist im Herbst oder im Frühjahr. Um die Blütezeit zu verlängern, werden die abgeblühten Blüten entfernt. Als Schädlinge können die Rote Spinne oder Fadenwürmer auftreten, als Krankheiten Grauschimmel, Mehltau oder Wurzelfäule.

Stiefmütterchen eignen sich jedoch nicht nur als Zierpflanzen, sondern auch als Heilpflanzen. In der Apotheke als Tee erhältlich, bezeichnet als Stiefmütterchentee oder Dreifaltigkeitstee, werden sie bei Akne oder Husten eingesetzt. Wilde Stiefmütterchen eignen sich als Entschlackungsmittel oder zur Blutreinigung. Zudem zählen sie zu den essbaren Blüten, die kandiert zur Dekoration von Desserts oder Kuchen oder als Süßigkeit verwendet werden können.

Die älteste Legende zum Stiefmütterchen stammt aus der griechischen Mythologie. Jupiter verliebte sich in die ungewöhnlich schöne Io. Als seine Frau Juno dies bemerkte, verwandelte sie Io in eine weiße Kuh. Io bemerkte, auf einer Wiese grasend, dass die Blumen um sie herum Gesichter hatten, die denen ihrer Freunde glichen. Die Herrin der Natur, Kybele, soll ihr diesen kleinen Trost verschafft haben. Später findet sich das Stiefmütterchen im Zusammenhang mit Napoleon wieder. Als er 1814 ins Exil nach Elba gehen musste, wählten die Bonapartisten Viola als Losungswort. Als er 1815 nach Frankreich zurückkehrte, wurden Flugblätter gedruckt, auf denen sein Gesicht in der Mitte eines Stiefmütterchens gedruckt war. Die französische Bezeichnung für das Stiefmütterchen lautet pensée. Neben dem Bild war der Text “Unique pensée de la France” zu lesen, Frankreichs einziger Gedanke. Auch in Shakespeares Sommernachtstraum tritt das Steifmütterchen auf. Oberon benutzt den Saft der Pflanze als erotisches Zaubermittel, um Titania in sich verliebt zu machen. Somit ist das Stiefmütterchen in der Blumensprache das Sinnbild für Erinnerung und die Kraft der liebevollen Gedanken.