Die Zeugen Jehovas sind die bekannteste Sondergemeinschaft, die theokratisch organisiert ist. Vor allem in der Missionsarbeit sind die Zeugen Jehovas sehr aktiv. Man kennt die Zeugen Jehovas auch durch die Wachturm-Gesellschaft, die eine religiöse Zeitschrift vertreibt: Der Wachturm. In der Stadt Selters im Taunus ist die Zentrale der Zeugen Jehovas für Deutschland und Osteuropa. Man trifft die Zeugen Jehovas heute in vielen Orten. In Deutschland gibt es rund 160.000 “Verkündiger”. Weltweit wird die Zahl auf über fünf Millionen geschätzt. Begründer ist Charles Taze Russell, ein US-amerikanischer Bibelforscher, der nach seinem Tod 1916 ein fünfköpfiges Herausgeber-Komitee in seinem Testament festlegte. Russell hat viele Glaubensrichtungen kennengelernt und glaubte an das Ende der Welt zu einem bestimmten Zeitpunkt, was mit der sichtbaren Wiederkunft Christi verbunden sei. Nachdem in den Jahren 1872/73 und dann 1874 das Ende der Welt nicht gekommen war, gründete er einem Bibelstudienkreis. Russell steckte viel Geld in den Verlag, der heute den Wachturm herausbringt. Die religiöse Zeitschrift gibt es schon seit 1879, zuerst aber unter anderem Namen. Das Anliegen Russels war es nicht eine Sekte oder eine konfessionsübergreifende Organisation zu sein. Er glaubte, dass ab dem Jahr 1914 ein neues friedliches Königreich Gottes entstünde. Als dies nicht eintraf, wanden sich viele Gläubige ab. Ein Mann des fünfköpfigen Herausgeber-Komitees, Joseph Franklin Rutherford (1869-1942), wurde der Nachfolger Russels und führte die Zeugen Jehovas in straffere Organisationstrukturen. Er beseitigte die demokratischen Strukturen und führte die Mitglieder in eine theokratische Organisation. Theokratische Konzeptionen kennt man aus vielen Religionen und können allgemein mit einer Gottherrschaft umschrieben werden.
Rutherford optimierte die Hausbesuchsstrukturen und führte ein System gemeinsamer Kontrollen in der Organisation ein. Oberstes Organ der Zeugen Jehovas ist der Präsident. Durch die Reorganisation der Zeugen Jehovas durch Rutherford und den Nachfolgern wurde der Wachturm immer auflagenstärker. Vor allem in Osteuropa nimmt die Zahl der Interessierten zu. Grundlage der christlich-chiliastischen Religionsgemeinschaft ist die Heilige Schrift, die wörtlich interpretiert wird. Alle Bibelstellen werden von den Zeugen Jehovas als gleichwertig angesehen. Die eigene Bibelübersetzung führt zu bestimmten Interpretationen und Sprachregelungen. Die Zeugen Jehovas glauben, dass in der Bibel der geschichtliche Heilsplan von Gott verborgen ist. Was den Konflikt mit anderen christlichen Kirchen prägt ist die Ökumene. Die Zeugen Jehovas glauben, sie wären die wahren Christen mit der richtigen Interpretation der Bibel. Viele Feste wie Weihnachten werden als heidnisch betrachtet. Die Zeugen Jehovas lehnen zum Beispiel auch das das Engagement in Parteien oder den Wehrdienst ab. Inzwischen besteht seitens der Organisation aber mehr Kompromissbereitschaft. Obwohl das Engagement der Mitglieder oft sehr lobend ist, sieht man die Organisation als kritisch an, vor allem wegen der restriktiven Organisationsform. Es gibt zahlreiche seriöse Informationen zu den Zeugen Jehovas und den Umgangsformen, wo man sich ein Bild über die Organisation machen kann.