Satanismus

Mit dem Satanismus als Begrifflichkeit verbinden die meisten Menschen dunkel gekleidete Gestalten mit misantrophem Weltbild, die christliches Gedankengut strikt ablehnen und stattdessen einem Teufelskult huldigen. Die Medien schlachten die perversen Rituale psychisch gestörter Menschen, die nach eigener Aussage im Namen Satans handeln, dankbar aus, ohne dieses Treiben jedoch kritisch zu hinterfragen. Dem Irrtum, dass man sich durch möglichst brutale und ekelerregende Praktiken einem bösen Herrscher, der den Gegenentwurf zum christlichen Gott darstellt, anbiedern muss, unterliegen vorwiegend Jugendliche. Daher werden entsprechende Taten wie die klischeeträchtigen “Schwarzen Messen” weitgehend dem Jugendsatanismus zugeordnet, der höchstens in der Justiz und der Sektenberatung Beachtung findet.

Tatsächlich widerstrebt die Anbetung einer höheren Instanz dem grundlegenden Prinzip des Satanismus. Es ist nicht die Verehrung und Anrufung von Dämonen und Teufeln, die das Fundament satanischer Ideologien bildet, sondern allein das Ausleben der eigenen Göttlichkeit. Der Mensch gilt hier als das alleinige Maß aller Dinge, er ist völlig autark und muss sich keinen außerweltlichen Institutionen und Normen unterwerfen. Die eigene Individualität im Diesseits hat höchste Priorität, was der jenseitsbetonten christlichen Glaubenslehre konträr entgegengesetzt ist. Gerade deswegen kann der Satanismus nicht die Antithese des Christentums bilden, da er keinen Verstoß gegen das zweite Gebot “Du sollst keinen Gott neben mir haben” darstellt. Jede Autorität wird schließlich grundlegend abgelehnt, Handeln und Richten könne allein der Mensch, der sein Dasein ohne Reue zelebriert, daher ist der Satanismus eine Ausprägung des Atheismus.

Die modernste Form des Satanismus repräsentiert die US-amerikanische “Church of Satan”, die 1966 von Anton Szandor LaVey ins Leben gerufen wurde. LaVey ernannte den Egoismus zur dem Menschen ureigensten Eigenschaft und sah daher die Machtgewinnung über andere und die eigenen Lebensumstände als oberstes Strebensziel an. Interessant ist hierbei, dass er die Misshandlung von Schwächeren, also auch Tieren und Kindern als niederträchtig, schwach, feige und somit als zutiefst unsatanisch erachtete. Der Sinn satanischer Handlungen sei nicht die sinnlose Vernichtung von Leben, sondern vielmehr die Sicherung des eigenen Wohlstandes durch Beherrschung anderer. Das Prinzip des Stärkeren verleiht dem Satanismus unzweifelhaft sozialdarwinistische Züge.

Satan steht demnach nicht für das personifizierte Böse, sondern stellt ein Symbol für die unbedingte Erfüllung eigener Bedürfnisse und somit ein zutiefst materialistisches Prinzip dar. LaVey untermauerte sein Gedankengebäude mit den von ihm formulierten “Neun Satanischen Grundsätzen”, die Sinnesfreude, Weisheit und Lebenskraft statt Demut und Enthaltsamkeit als Mittel zur Erfüllung preisen.